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Klimawandel - ein Anlage-Thema mit Tücken

Klimawandel – Ein Anlagethema mit Tücken

 

Ein Gastbeitrag von Dr. Ralf Breuer

Einige Anlageangebote für Privatanleger richten sich auf den Klimawandel. Leider reichen Stichworte wie Klima-Fußabdruck oder CO2 nicht aus, um tatsächlich wirkungsvoll zu investieren, sondern können auch völlig in die Irre führen. Der folgende Beitrag nimmt einige Beispiele auf.

 

Nachhaltigkeit ist ein gedehnter Begriff

Hinter € 11 Bio. der von der Global Sustainable Investment Alliance (GSIA) für 2016 verzeichneten „nachhaltigen Geldanlagen“ verbirgt sich eine große Bandbreite von Nachhaltigkeitskonzepten. Der größte Anteil entfällt auf Ausschlußkriterien, insbesondere in die Produktion von Personenlandminen, Streumunition etc. Ein hoher Anteil von Fondskonzepten berücksichtigt Nachhaltigkeitskriterien und externe Nachhaltigkeitsratings bei der Fondsauswahl, selektiert z.B. nach Kriterien des „best-in-class“ Ansatzes. Hierdurch werden erwiesenermaßen „nachhaltigere“ Emittenten bevorzugt. Grundsätzlich gilt aber, dass diese Auffassung von Nachhaltigkeit eher Schlimmeres verhindert als unmittelbar Gutes zu schafft.

Relativ neu ist das Kriterium „Best-in-Progress“, das vor allem auf Fortschritte im Nachhaltigkeitsmanagement von Unternehmen abzielt. Dieser Ansatz bildet auch die Aussagefähigkeit von Nachhaltigkeitsratings deutlich besser ab, da diese vom Grundsatz her rückwärtsgerichtet sind und nur in ihrer Veränderung über die Zeit Schlüsse auf mögliche weitere Entwicklungen in der Zukunft zulassen.

Die „Königsklasse“ von Nachhaltigkeit sind dagegen „wirkungsorientierte“ Investments, die unmittelbar zu positiven Wirkungen, z.B. zu einer Verminderung des CO2-Ausstosses oder sozialen Nutzen beitragen.

 

Mit Geldanlage zum guten Gefühl?

Nachhaltigkeit bei der Geldanlage ist grundsätzlich ein mehrheitsfähiges Thema. So findet sich bei www.sparkasse.deWeniger als zehn Prozent der Deutschen haben ihr Geld bislang nachhaltig angelegt – obwohl 70 Prozent dies gerne tun würden. In der Regel gilt eine Anlage als nachhaltig, wenn damit umweltfreundliche Technologien, Dienstleistungen oder Produkte finanziert werden.“.

Dieser Eindruck wurde durch eine Studie des Marktforschungsinstituts GfK im Auftrag des Institut für nachhaltige Kapitalanlagen (NKI) „Deutsche wollen ihr Geld nachhaltig anlegen – tun es aber nicht“ noch einmal bestätigt – wenn auch mit einem niedrigeren Zustimmungswert: „Das Interesse von deutschen Anlegern an nachhaltigen Geldanlagen ist nicht gerade gering: Immerhin 40 Prozent aller Privatanleger in Deutschland finden nachhaltige Kapitalanlagen so attraktiv, dass sie ihr Geld dort investieren würden. … Doch für ein solches Investment haben sich bislang nur mickrige 4,8 Prozent der Privatanleger entschieden.“

Die befragten Anleger bemängelten vor allem fehlende Transparenz (40%), unklare Wirkungen für eine nachhaltigere Entwicklung (35%) sowie höhere Risiken (31%) und unzureichende Beratung durch die Hausbank (22%, Mehrfachnennungen möglich). Leider ist diese Einschätzung sehr gut nachvollziehbar, weist aber den Weg zu einem größeren Markterfolg nachhaltiger Geldanlagen.

Die Autoren der zwölfseitigen Studie des NKI (Nachhaltige Kapitalanlagen bei Privatanlegern) kommen auf S. 12 zu dem Ergebnis, dass der Markt ein „Henne-Ei-Problem“ hat: Die Anleger beklagen mangelnde Information, die Anbieter fehlende Nachfrage. Insofern sehen sie den Schlüssel bei den Anbietern.

 

CO2/Klima-Fußabdruck ein verständlicher Ansatz?

Nur wenige Menschen bestreiten den Klimawandel und die Notwendigkeit der Weltgemeinschaft zu handeln. Insofern erscheint die Übertragung der Idee des „Klima-Fußabdruck“ auf Anlagekonzepte auf den ersten Blick plausibel. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Fußabdruck einen „Ist-Zustand“ abbildet, aber noch nicht notwendigerweise eine Entwicklung in die richtige Richtung anzeigt.

Eine zu starke CO2-Orientierung kann sogar völlig von Nachhaltigkeit wegführen wie der Deka Oekom ETF zeigt: Er umfasst 30 Werte aus dem EuroStoxx50 und ist mit etwa 35% in Finanzwerten investiert. Also mehr eine Wette auf den Euro sowie den Banken- und Finanzsektor in Westeuropa als das, was unter dem Etikett „Nachhaltigkeit“ gesucht wird.

Ein Vergleich des Klima-Fußabdrucks von ethischen Aktien-Investmentfonds durch die Verbraucherzentrale Bremen hat schon 2014 gezeigt, dass diese Befürchtungen nur allzu berechtigt sind. Bei vergleichbarem „Anspruch“ in den Namen der Fonds waren erhebliche Unterschiede im Klima-Fußabdruck festzustellen: Verbraucherzentrale Bremen. Insofern bleibt genaueres Hinschauen notwendig, wie auch das folgende Beispiel zeigt:

 

Name CO2e / Mio. € ESG Wert ESG Rating
Triodos Sustainable Equity Fund R Cap 76,9 6,5 A
Triodos Sustainable Pioneer Fund R Cap 141,9 5,9 A

Quelle: yourSRI.com

 

Bei dem ersten Fonds handelt es sich um einen Aktienfonds mit „klassischen“ europäischen Unternehmen. „Der Fonds investiert ausschließlich in Aktien , die von börsennotierten, finanzstarken Unternehmen emittiert werden, die eine überlegene soziale und ökologische Performance erzielen.“ (Triodos)

Der „Sustainable Pioneer Fund“ investiert dagegen weltweit in kleinere Technologieführer mit geschäftlichen Fokus auf einem „Mehr“ an Nachhaltigkeit in der Zukunft. Also in „…globale Aktien, die von börsennotierten Unternehmen ausgegeben werden, die in folgenden Bereichen als Pioniere gelten: Klimaschutz (nachhaltige Energie), Gesunde Menschen (Medizintechnologie), Sauberer Planet (Umwelttechnologie und Wasser), Corporate Social Responsibility (CSR)“.

Insofern bleibt die Notwendigkeit, sich über die verschiedenen Fondskonzepte zu informieren. So herrscht bei Aktienfonds eine Vielfalt mit Ethikfonds, ethisch-ökologischen Fonds, Öko-Pioneerfonds, Öko-Effizienzfonds, Umweltfonds und sogar CO2-Fonds. Während sich die Ansprüche der Fonds stark ändern, sind die angebotenen Fonds sehr unterschiedlich.

 

Und wo gibt es Wirkung?

„Wirkung“ als Anlagethema für Privatanleger wird angeboten. Die Verbraucherzentrale Bremen hat unter Geld bewegt ein neues Informationsportal eingerichtet und die verschiedenen Angebote zusammengestellt: Entweder wird indirekt über eine Bank, die nur in „gewünschte“ Projekte investiert (z.B. zweckgebundene Sparbriefe oder GLS Bank, Triodos Bank, Umweltbank etc.) oder aber über Instrumente, die unmittelbar auf Wirkung abzielen. Dies ist bei sogenannten Klima- und Umweltschutzanleihen (Green Bonds) der Fall, die in der Regel auf unmittelbar auf eine Reduzierung des CO2-Ausstosses gerichtet sind oder auch bei Direktanlagen in erneuerbare Energien, Immobilien, Mikrofinanzfonds etc.

Die einschlägigen Berichte in Finanztest, ÖKO-Test etc. lassen bei den vorrangig von Finanzvermittlern angebotenen Direktinvestments leicht eine „Schmuddelecke“ des Finanzmarktes befürchten, in der Anleger besonders hohe Risiken eingehen. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass die Anlagen nur mit höheren Beträgen möglich sind und deshalb schlecht diversifiziert werden können. Auch für diese Anlageangebote hat die Verbraucherzentrale Informationen zusammengefasst.

Die sogenannte „Schwarmfinanzierung“ (Crowdinvesting) bietet eine neue Möglichkeit für Privatanleger, zielgerichtet und gleichzeitig auch besser diversifiziert mit Wirkung zu investieren. Etwas von verborgen vor der breiten Öffentlichkeit sind mehr als 100 Anbieter mit unterschiedlichen Ausrichtungen im deutschsprachigen Raum im Markt (Quelle: crowdfunding.de). Darunter befinden sich auch einige Angebote mit Klimabezug sowie entwicklungs- und nachhaltigkeitsorientierten Ansprüchen. Bei der Mehrheit der Angebote ist das Risiko gegenüber herkömmlichen Anlagen bei Banken und Fondsgesellschaften zwar höher, dafür allerdings auch die Verzinsung bei den mehrheitlich nachrangigen Darlehensanteilen in den Anlageangeboten.

Beobachtungen verschiedener Angebote zeigen, dass die privaten Anleger hier sehr selektiv und offenbar diszipliniert vorgehen: 1. Transparente und kleinere Projekte mit CO2-Reduktion werden schneller gezeichnet als beispielsweise Betriebsmittelfinanzierungen 2. Die durchschnittlichen Zeichnungsbeträge lassen vermuten, dass die Zeichner trotz sportlicher Zinsangebote von mehr als 6% in nachhaltigen Darlehen wenig geneigt sind „alle Eier in einen Korb zu legen“, wenn viele Körbe zur Auswahl stehen. Jedenfalls bleiben die Anlagebeträge (z.T. ab € 50 oder €250) in einem Bereich kleinerer Bruchteile der gesetzlichen Höchstgrenze von € 10.000.

Vor dem Hintergrund des aktuellen Zinsumfelds mag dies etwas überraschen, nährt aber die Hoffnung, dass die Mobilisierung von privatem Kapital für die nachhaltigen Entwicklungsziele durchaus ohne übermäßige Risikoübernahme durch Privatanleger möglich gemacht werden kann.

 

Dr. Ralf Breuer ist Diplom-Volkswirt und Bankkaufmann. Er ist seit fast 40 Jahren im Finanzsektor tätig, davon 15 Jahre als Analyst für Dienstleister im Bank- und Versicherungssektor. Unter dem Markennamen „Investabel®“ bietet er als Autor, Berater und Dozent Informationen zur Nachhaltigkeitsthematik im Finanzsektor. In seinen Blogbeiträgen beleuchtet er die zukünftige Entwicklung der Finanzwirtschaft im Spannungsfeld von Digitalisierung, Regulierung und Nachhaltigkeit.